20.01.2015

Das Marsprojekt (Fünf Teile) - Andreas Eschbach - Buchbesprechung

Ich habe vor Weihnachten noch mehr Jugendbücher von Andreas Eschbach gelesen, nämlich eine Serie über die Besiedlung des Mars. Genau wie die Trilogie über die Kohärenz (Blackout, Hideout, Timeout) können diese Bücher aber auch problemlos und mit Genuss von Erwachsenen gelesen werden.

Eschbach bringt es fertig, astronomische Fakten über den Mars und die Raumfahrt zwischen den Planeten lebendig und unterhaltsam zu präsentieren. Es macht Spaß, diese Gedankenspiele aus der näheren Zukunft zu lesen. Ich würde diese Buchserie vollkommen hemmungslos mit "Lucky Starr" von Isaac Asimov vergleichen - auch dort erlebt der jugendliche Held in sechs Teilen Abenteuer im heimischen Sonnensystem, wenn auch dort etwas weiter entfernt in der Zukunft, und natürlich dürfen bei Asimov Roboter und die berühmten drei Robotgesetze nicht fehlen.

Aber zurück zu Eschbach: die Handlung spielt so nah in der Zukunft, dass ich mir problemlos vorstellen könnte, wie alles funktionieren kann. Den einzigen Kunstgriff stellt die Beherrschung der Kernfusion dar, die nötig ist, um beliebig Energie herzustellen, die die Siedlung auf dem Mars versorgt. Ganz wunderbar an diesem Randthema finde ich, dass Eschbach den Erfinder der Kernfusion als ähnlich menschenfreundlich zeichnet wie Jonas Salk, den Erfinder der modernen Polio-Impfung (Salk verzichtete auf die Patentierung, um die Herstellung nicht unnötig zu verteuern, und verlor dadurch geschätzte 5 Mrd. Dollar Einnahmen).

Wie eben schon angedeutet, handelt die fünfteilige Buchserie von Siedlern auf dem Mars und hauptsächlich von den Jugendlichen, unter ihnen sogar das erste Kind, das auf dem Mars geboren wurde. Natürlich gibt es Geheimnisse zu entdecken, natürlich können die Marskinder bestimmte Dinge besser als die Erwachsenen, natürlich finden die Jugendlichen keinen Glauben und behalten am Ende natürlich doch recht. In dieser Hinsicht enthält das Buch alles, was eine erfolgreiche Abenteuergeschichte für Jugendliche ausmacht. Nichtsdestotrotz gibt es eine handfeste Story, die mit jedem Teil der Fortsetzung spannender wird und die Bücher auch für "uns Erwachsene" problemlos lesbar macht.

Zu Beginn der Geschichte finden die "Marskinder" bei verschiedenen Exkursionen "Artefakte", d.h. edelsteinartige Gebilde. Merkwürdigerweise ist in diesen Artefakte der Name der Kinder eingebettet. Dem Auffinden der Steine geht immer eine Art "Leuchten" voran, das nur von einem der Kinder, Elinn, wahrgenommen werden kann. Im weiteren Verlauf der Geschichte ist sie auch diejenige mit einer Art Vorahnung, und sie kann mit den Außerirdischen kommunizieren.

In jedem Folgeband wird die Situation spannender, und die Kinder erleben einzeln oder gemeinsam durchaus gefährliche Abenteuer. Besonders gut beschrieben fand ich den Ausflug zweier Kinder auf eine fremde Welt, nachdem sie entdecken, dass sie mit den Artefakten als "Schlüssel" die Tore passieren können. Welche Welt das ist, und was sie dort entdecken, behalte ich als Pointe für mich, es würde viel verderben, wenn ich das verriete ;)

Als roter Faden ziehen sich sowohl persönliche Schicksale als auch politische Ränkespiele durch alle Bände, wobei letztere durchaus spannend und plausibel, aber dennoch auf jugendlichem Niveau konstruiert sind. Ein ebenfalls wiederkehrendes Thema ist die Zeit, die verstreicht, um Mails oder Funk zwischen Mars, Erde und Raumschiffen zu verschicken. Eschbach schafft es wirklich, dem Leser eine  Ahnung davon zu verschaffen, wie gigantisch die Entfernungen im Weltraum sind, wenn sogar das Licht und die Funkwellen Minuten brauchen, um den Abgrund zu überqueren.

Schon früh werden Außerirdische im Kälteschlaf entdeckt, die tatsächlich im finalen Band aufwachen und den Menschen eine Aufgabe hinterlassen, ähnlich wie es beim Klassiker "2001" und der Fortsetzung "2010" der Fall ist, nur gibt es bei Arthur C. Clarke keinen wirklichen Kontakt zu den Außerirdischen. Ein ähnliches Konzept verfolgte auch W.K. Giesa mit seiner Romanserie "Star Gate", die 1986 erschien, lange vor der gleichnamigen Fernsehserie mit MacGyver ;). Auch dort gibt es ein galaxisweites "Transmitternetz", mit dem Unterschied, dass die Menschen sich mit selbstentwickelter Technik zufällig in dieses Netz einklinken. Die "Tore" auf Eschbachs Mars wurden von den Außerirdischen gebaut, und sie erwarten die Menschen, um sie in die galaktische Völkergemeinschaft aufzunehmen, sobald sie sie bedienen können.

Natürlich ist nichts an der Geschichte wirklich neu, wie man auch an meinen Querverweisen ablesen kann - Außerirdische auf Planeten des Sonnensystems gab es schon häufiger, Außerirdische im Krieg, politische Streitereien, Intrigen, Raumfahrt, Sprungtore, Telepathie - alles schon dagewesen. Trotzdem schafft es Eschbach, diese "ausgelutschten" Themen zu einem abgerundeten Ganzen zusammenzufügen und den Leser für ein paar Stunden in eine Fantasiewelt zu entführen, die fast greifbar nah erscheint, wenn die Menschheit nur ein bißchen mehr zusammenrücken würde, statt sich hier vor Ort gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.

16.01.2015

Display tauschen beim Motorola Moto G

Ich hab ja schon ein paarmal über meine destruktiven Kinder geschrieben, die regelmäßig zu meinem Leidwesen ihre Handys zerlegen ... Aber es beruhigt mich, dass ich nicht der einzige Leidgeprüfte bin ;)



Mein Nachbar bastelt gern mal am Auto und hat ein Rollbrett, mit dem er sich rücklings bequem unter sein Auto fahren kann. Dummerweise ist er dann beim Rausfahren mit dem Rollbrett über sein Handy gefahren, und das mochte das Displayglas nicht besonders ;(



Kurze Recherche bei Ebay ergab, dass man komplett montierte Ersatzdisplays für das Moto G (1. Generation) für knapp 40 Euronen erwerben kann, und das ist eine gute Investition. Das Moto G gehört zu den Handys, die ich wirklich empfehlen kann - technisch einigermaßen up-to-date (um ehrlich zu sein, würde man mittlerweile "Mittelklasse" sagen) und insbesondere wird es von Google und Motorola immer noch mit Software-Updates versorgt - Kunststück, Motorola gehörte ja mal einige Zeit zu Google, von 2011 bis 2014.

Auch das Auswechseln selbst ist relativ leicht, wenn man nicht gerade zwei linke Hände hat. Bei youtube gibt es ziemlich viele Videos mit Anleitungen, worauf man achten muss (das Handy ist sehr reparaturfreundlich).

Allerdings muss man dann auch noch mitdenken, wenn man selbst Hand anlegt, und das habe ich leider versäumt ... dazu gleich.

Gerät ausschalten wäre jetzt eine gute Idee ...

Als Unterlage sollte man sich ein weiches Tuch besorgen, z.B. ein fusselfreies Küchentuch - ich habe ein größeres Brillenputztuch speziell für Handy-Arbeiten. Immerhin liegt das Handy mit dem Display nach unten, und bei einigen Handgriffen wird soviel Druck ausgeübt, dass das Risiko von Kratzern im Glas besteht, wenn die Unterseite nicht ordentlich sauber ist.

Nach dem Entfernen der hinteren Abdeckung mit den Fingernägeln sieht man 14 (!) Torx-Schrauben. Das ist für den Gelegenheitsbastler gleich das erste Hindernis: wer hat schon Werkzeuge für diese winzigen Spezialschrauben? Zum Glück war bei meiner Bestellung das passende T4-Werkzeug dabei.

Nach dem Lösen der Schrauben und dem Entfernen der SIM-Karte - in beliebiger Reihenfolge - kann man nun wiederum mit den Fingernägeln den inneren Rückendeckel entfernen.

Dann den Stecker des Akkus lösen und den Akku vorsichtig von allen Seiten mit einem flachen Plastikwerkzeug lockern und dann abheben, er ist an den Außenseiten mit ein wenig Klebeband fixiert.

Beim Hin- und Herdrehen des Handys kann es sein, dass sich die Plastikknöpfe für Lautstärke und Schalter selbständig machen. Man sollte dem vorbeugen und sie selbst entnehmen und beiseite legen für später. Auf dem Bild da oben kann man sie gut sehen, umrundet von den Schrauben.

Ich habe mir übrigens angewöhnt, die Schrauben genau in der Position abzulegen, wie ich sie aus dem Handy entnehme. Bei manchen Modellen gibt es Schrauben in unterschiedlichen Größen und Längen, das wird hinterher schwierig. Natürlich muss man dann die Ablage in Ruhe lassen, damit die Schrauben auch so bleiben, wie man sie hingelegt hat ;)

Rechts oben die Verriegelung des Steckers lösen und die Frontkamera ablösen. Die Verriegelung ist auf der Seite, auf der auch das Folienkabel eingesteckt ist, und muss vorsichtig nach oben geklappt werden. Ein Fingernagel ist hier ebenfalls das beste Werkzeug. Die Klebefolie über dem Stecker muss man dazu eigentlich nicht lösen. Wenn der Kleber alt ist, kann die Folie aber gern mal von allein abfallen.

Rechts unten ebenfalls die Verriegelung des großen Steckers lösen und das Folienkabel möglichst ohne Verbiegen herausziehen. Das Kabel ist sehr empfindlich und wird von einem weichen blauen Plastikformteil geschützt, das man einfach abheben kann. Das Kabel ist umgebogen, damit es nach rechts zum Display geführt werden kann. Nicht drücken, sonst können die feinen Leiterbahnen auf der Folie brechen! Falls sich das Kabel nicht bewegen lässt, vorsichtig mit einem flachen Plastikwerkzeug von allen Seiten das Klebeband lösen.

In der Video-Anleitung wird zuerst ein kleineres inneres Folienkabel gelöst, aber diesen Schritt muss man nicht unbedingt machen. Beim neuen Display ist dieses gesamte Folienteil mitsamt Chip enthalten.

Jetzt kann das Folienkabel nach rechts weggeklappt werden und das Mainboard des Telefons kann entfernt werden, es ist nur eingelegt. Da es ebenfalls am Außenrand mit feinen Klebebändern fixiert ist, muss man es mit viel Geduld heraushebeln. An allen Seiten mit den Fingernägeln druntergreifen und anheben, bis es sich löst.

Der nächste Schritt wäre auch wichtig, leider hab ich es erst gemerkt, als das Handy schon wieder zugeschraubt war: das neue Display enthielt keinen Lautsprecher zum Telefonieren. Man muss von außen durch den Schlitz ganz vorsichtig auf das Gitter drücken, damit der ebenfalls verklebte Lautsprecher mitsamt dem Gitter abgelöst und nach innen gedrückt werden kann. Ich habe dazu einen Inbus-Schlüssel verwendet, der genau in den Schlitz gepasst hat. Die stumpfe Unterseite hilft, das sichtbare Gitter nicht zu beschädigen. Tja, ich musste dann das ganze Telefon gleich wieder zerlegen, um den Lautsprecher einzubauen ;)

Auf keinen Fall den Lautsprecher von der Innenseite hebeln, dabei können sich Magnet und Spule trennen und die feinen Kupferlackdrähte abreißen. Aber auch dieses Ersatzteil gibt es einzeln bei Ebay ;). Merken, wie die Federkontakte liegen, damit es nachher wieder genauso eingebaut werden kann.

Zwischen Mainboard und Display liegt noch ein Abschirmblech, das man jetzt als erstes in das neue Display einlegt. Prüfen, dass alles gut passt, nichts über den Rand ragt und Orientierung beibehalten.

Den ausgebauten Lautsprecher in derselben Orientierung in das neue Display einstecken.


Folienstecker des neuen Displays vorsichtig aufklappen und beiseite drücken, damit das Mainboard hineinpasst. Kabel herunterklappen, evtl. Schutzverpackung entfernen und Stecker in die Buchse einfädeln. Die Farbmarkierung auf dem Kabel muss in Linie mit der Markierung auf dem Mainboard sein, damit alle Leitungen richtig Kontakt haben! Nun die Arretierung vorsichtig herunterdrücken.

Das Kabel der Frontkamera einfädeln und Arretierung herunterdrücken. Die Markierung auf dem Kabel muss bündig an der Buchse anliegen.

Den blauen Plastikschutz auf das große Folienkabel legen (die Unterseite ist strukturiert, es gibt genau eine Möglichkeit).

Den Stecker des Akkus von oben aufstecken und andrücken. Danach den Akku wieder so an seine Stelle legen, dass das Folienkabel keine Spannung hat.

Die Plastikknöpfe für Lautstärke und Schalter wieder in die Aussparungen einlegen.

Rückendeckel auflegen, vorsichtig wackeln, ob alles passt, nochmal prüfen, dass keine Kabel eingeklemmt sind, und dann andrücken, bis alles einrastet.

Noch nicht zuschrauben, erst mal eine Einschaltprobe machen und prüfen, ob alle Pixel richtig anzeigen. Unbedingt auch den Touchscreen testen. Entweder bei der Eingabe der PIN für die SIM oder einfach beim Bedienen merkt man schnell, ob alle Bereiche des Bildschirms auf Berührung reagieren.

Vorsichtshalber wieder ausschalten, umdrehen, flach hinlegen und die Schrauben befestigen. Nicht zu fest drehen, denn nach "fest" kommt "ab"!

SIM wieder einbauen.

Rückendeckel festdrücken und fertig ist das nagelneue Display!

12.01.2015

Der Jesus-Deal - Andreas Eschbach - Buchbesprechung

Andreas Eschbach hat eine Fortsetzung seines genialen Thrillers "Das Jesus-Video" geschrieben. Zu Weihnachten hab ich uns das Buch geschenkt (meine Frau mochte "Das Jesus-Video" auch sehr gern) und ich kann sagen: dies ist seit langem das beste und spannendste Buch von ihm. Bei einigen früheren Büchern habe ich mehrfach kritisiert, dass der Schluss abrupt und aufgesetzt wirkt und nicht zum bisherigen Spannungsverlauf passt, aber beim "Jesus-Deal" passt einfach alles zusammen. Die Spannung wächst langsam, mittendrin platzt eine Bombe (nicht wortwörtlich ...), es gibt einen plausiblen Abschluss und für einige offene Fragen sogar noch eine glaubwürdige Methode, diese Fragen aufzuklären.

Das einzige, was ich für mich persönlich kritisieren kann, ist die Darstellung von Jesus als Messias, der wirklich in der Lage ist, das zu leisten, was die Bibel über ihn berichtet. Mit dieser Beschreibung habe ich als Agnostiker natürlich ein Problem: die Zeitreise findet statt und ein Video bestätigt, dass Wunderheilungen möglich sind. Dies wäre für die Handlung absolut nicht nötig gewesen. Hier was der erste Teil, "Das Jesus-Video", mit wesentlich mehr Fingerspitzengefühl unterwegs: dort wird nicht so klar gesagt, dass Jesus wirklich zu allen kolportierten "Wundern" in der Lage war, sondern nur, dass er ein unglaublich charismatischer Mensch war, dem die Lebensfreude aus allen Knopflöchern sprühte.

Nebenbei hält sich Eschbach hier noch ein Hintertürchen für einen dritten Teil offen: das Video mit der Heilung eines der Zeitreisenden wurde von keinem aus der Gruppe gefilmt, und in einem Nebensatz findet sich "das muss ein anderer Zeitreisender gefilmt haben".

Ein paar Stichworte zur Handlung und ein paar Anmerkungen muss ich noch loswerden. Ich versuche mal, nicht allzuviele Spoiler einzubauen, denn hier gibt es wirklich einige Pointen, die man selbst "erlesen" sollte.

Beide Teile sind unabhängig voneinander zu lesen, im zweiten Teil gibt es viele Rückblicke und Querverweise, aber es macht mehr Spaß, wenn man die Bücher so liest, wie sie erschienen sind.

Der zweite Teil setzt zunächst zeitlich und handlungsmäßig dort ein, wo vermeintliche Agenten der katholischen Kirche das eine Original des Videos stehlen (es gibt zwei). In der Fortsetzung waren es allerdings (das "vermeintlich" ließ es schon vermuten ...) keine kirchlichen Räuber, sondern Söldner eines religiösen amerikanischen evangelikalen Fanatikers, der eine Zeitmaschine bauen will, nachdem er erfahren hat, dass Zeitreisen möglich sind.

Im Verlauf des "Deals" erfährt man, wie er zu seinem milliardenschweren Reichtum gelangt ist: er wird Zeuge einer unfreiwilligen Zeitreise, einer Art "Zeitloch", eine Frau stürzt von 1994 nach 1959 und hat zufällig, weil sie Autorin ist, ein Belegexemplar eines Magazins bei sich, und "rein zufällig" enthält dieses Magazin auch wirtschaftliche Informationen von 1959 bis 1994, z.B. Aktiendaten und weitere Hinweise auf Firmen etc. Diese Idee ist natürlich beim zweiten Teil von "Back to the future" abgeguckt, nur eben nicht mit Sportwetten, sondern mit realen Börsendaten (obwohl das ja auch eine Art von Wette ist - die Kurse der meisten Firmen haben wenig mit ihrem wirtschaftlichen Stand gemein).

Das Buch ist größtenteils aus der Sicht des jüngeren Sohns Michael dieses Milliardärs, Samuel Barron, geschrieben. Anfänglich ist er überzeugter Christ und dem Vater folgsam. Als die Zeitreise schief geht, landet er als "Schiffbrüchiger" im Jahr 1940 und beginnt zu lernen, dass sein Vater offensichtlich doch nicht ganz so berufen ist, wie er selbst von sich dachte. Der Vater ist skrupellos und radikal gläubig, er lebt genau nach der Bibel und nutzt seine finanzielle Macht, um seinen evangelikalen Glauben auch politisch zu verankern, indem er den Wahlkampf eines Glaubensbruders unterstützt, und schreckt sogar vor einem Anschlag auf den Präsidenten nicht zurück, um seinen Kandidaten an die Macht zu bringen.

Über das eigentliche Ziel der Zeitreise schreibe ich nichts, ich habe ja weiter oben versprochen, keine brutalen Spoiler aufzuschreiben ;)

Die erste Andeutung von Kritik gegen den Vater kommt auf, als eine Diskussion um die Rolle von Judas beginnt. Offentlich hatte Judas keine Chance auf seinen eigenen freien Willen: er musste den Verrat begehen, damit die Geschichte so stattfinden kann, wie die Bibel sie berichtet. Dies ist gleichzeitig auch der rote Faden, der sich als Konzept durch die gesamte Geschichte zieht: Zeitreisen können nichts verändern, alles passiert, weil es passiert ist.

Ein Konzept während der Vorbereitung der Zeitreise will mir auch nach einigem Nachdenken nicht ganz einleuchten: die zeitgereisten Videokassetten enthalten eine Spur Osmium, des Elements mit der höchsten Dichte aller natürlich vorkommenden Elemente (übrigens ist das auch eine Frage bei Quizduell ...). Eschbach liefert eine etwas verschrobene Erklärung, wie der Wissenschaftlicher Dermidow mit der Originalkassette umgeht (die oben erwähnte gestohlene). Statt die Kassette zu öffnen und das Osmium zu entnehmen, verstaut er sie in einem Safe und verlangt von Barron, mit dem Hersteller zu verhandeln, genau diese Variante der Kassette herzustellen.
Erst, als diese "US-Variante" tatsächlich im Handel zu kaufen ist, prüfen sie, ob die neu hergestellten Kassetten wirklich wie verlangt einen Streifen Osmium enthalten, und erst danach wird das zeitgereiste Osmium aus der Originalkassette entnommen.
Die Erklärung basiert auf Schrödingers Gedankenspiel mit der Katze und dem nicht vorhersagbaren Zerfall eines Teilchens in der verschlossenen Kiste. Wenn Dermidow die Videokassette "einfach so" geöffnet hätte, wäre möglicherweise doch kein Osmium enthalten gewesen, aber durch den Druck auf den Hersteller wurden exakt diese umdesignten Kassetten mit einer etwas anderen Bauform für die Videokamera mit einem Streifen Osmium hergestellt.

Wie schon gesagt: die Reise in die Vergangenheit geschieht, aber die Rückreise geht schief. Michael landet 1940 direkt vor dem ersten deutschen Bombenangriff auf England. Rein zufällig, aber natürlich wichtig für den Ablauf des Buchs, interessiert er sich für die Geschichte des 2. Weltkriegs und weiß, was mit genau diesem Städtchen genau am nächsten Tag passieren wird.

Über die Identität des Zeitreisenden aus dem Vorgängerbuch erfährt man nichts. Am Ende des ersten Teils taucht er vielleicht als namenloser junger Mann auf, aber warum er sich eine Videokamera für mehrere Tausend Dollar leisten kann, wie er zeitgereist ist und wie es zu seinem Tod kam, bleibt offen.

Übrigens war die oben erwähnte "unfreiwillige" Zeitreise doch nicht ganz so unfreiwillig. Die Logik des Buchs basiert im Wesentlichen darauf, dass alles passieren wird, weil es so passiert ist. Deswegen erzwingt Samuel Barron auch die spezielle Bauform der Videokassetten, weil eben diese Bauform aufgefunden wurde. Er erzwingt als Probelauf für die Maschine die Zeitreise der Frau von 1994 nach 1959 und nimmt dabei den Tod des schwer herzkranken Opfers in Kauf, damit sein früheres Ich das Magazin mit den Wirtschaftsdaten bekommen kann.
Überhaupt sind Zeitreisen erst möglich, wenn erstmals zeitgereistes Material gefunden wurde, und die Zeitreise basiert darauf, dass dieses Material als "Katalysator" eingesetzt werden muss. Je dichter das Material, desto weniger benötigt man, deshalb verwendet man logischerweise Osmium, das dichteste Metall überhaupt.
Sogar Jesus fordert seine Jünger auf, ihm einen Esel für die Einreise nach Jerusalem zu beschaffen, weil es so geweissagt sei. Also auch hier das Befolgen der Prophezeiung, damit sie eintritt. Es gibt noch mehrere dieser Zeitschleifen, die sich im Verlauf des Buchs öffnen und schließen, teilweise überspannen diese Schleifen sogar beide Bücher. Also aufmerksam lesen für den vollen Genuss!

Das schlussendliche Fazit, das ich aus dem Buch ziehe, ist ein ganz schlichtes:
Christliche Fanatiker sind genauso schlimm wie alle anderen, egal ob Moslems, Juden oder andere.

08.01.2015

Offener Brief an die Stadt Hungen

In den letzten Tagen gab es mehrere Meldungen, dass die Stadt Hungen gegen die Baugenehmigung in Berstadt klagt. Dort sollten mehrere kleine Geschäfte entstehen. Der Wetteraukreis ist die Beklagte, und die Gemeinde Wölfersheim kann nichts tun.
Statt im Frühjahr nach Bekanntwerden der Pläne mal eben auf dem kurzen Dienstweg in Wölfersheim beim Bürgermeister anzurufen, hat Hr. Wengorsch beschlossen, bis zum letzten Moment zu warten und dann mit einem Paukenschlag eine Eilentscheidung bei Gericht herbeizuführen. Begründung der Eingabe: man wurde nicht gefragt.
Das finden meine Frau und ich so schäbig, dass wir beschlossen haben, nichts mehr in Hungen zu kaufen. Das umschließt - schmerzlich für uns - leider auch das Tanzen in der Hungener Tanzschule. Bei der Kündigung der Tanzschule haben wir ausdrücklich auf die merkwürdige Hungener Politik hingewiesen.
Hier ist der offene Brief, den wir an die Bürgermeister und die regionale Presse geschickt haben:


Offener Brief an die Stadt Hungen

in Kopie an Gemeinde Wölfersheim und Wetterauer Zeitung sowie Gießener Anzeiger

zu WZ-Artikel: „Hungen stellt sich quer“ vom 31. Dez. 2014

Unglaublich, da bilden sich doch tatsächlich die Stadtverordneten von Hungen ein, dass sie die Nachbargemeinde Wölfersheim knechten könnten.
Nicht genug, dass Hungen gegen die dringend notwendige Oberstufe in Wölfersheim wettert, noch dazu sachlich vollkommen daneben – nein, jetzt dürfen wir nicht mal mehr dringend benötigte Geschäfte bauen lassen. Das ist schon ganz schön anmaßend!

Umso schlimmer, dass das Gericht in Gießen diesem Blödsinn auch noch nachgibt. Da kann man schon mal den Glauben an Recht und Gerechtigkeit verlieren. Man kommt sich im Gegenteil vor wie im Mittelalter, wo die Feudalherren über die Geschicke im Umland frei nach ihrem Gusto bestimmt haben. Wer die Macht hatte, hatte auch das Recht auf seiner Seite.

Was geht es die Stadt Hungen an, ob wir in Wölfersheim – genauer gesagt in Berstadt - ein Fachmarktzentrum bekommen oder nicht? Uns hat auch niemand gefragt, ob wir die Rewe-Zentrale mit ihren Hunderten von LKWs wollen, die täglich durch unsere Gemarkung brettern (übrigens gerne auch über rote Ampeln!), oder sonst irgendwelche Geschäfte in Hungen.

Es ist auch keine revolutionäre Neuerung, was da geplant ist, es geht lediglich um ein Fachmarktzentrum aus mehreren kleinen Läden und einem gemeinsamen Parkplatz. Geplant sind kleine Filialen einer Drogeriekette, eines Schuhgeschäftes, eines Kleidungsladen sowie einer Lebensmittelfiliale, allesamt aus dem unteren Preissegment. Das sind für uns keine wirklich „neuen“ Produkte.

Immerhin gab es bis zur Schlecker-Pleite sowohl in Berstadt als auch in Wölfersheim gut besuchte Drogeriemärkte, auch ein Schuhgeschäft gab es in Wölfersheim und kleinere Bekleidungsgeschäfte gab es auch sowohl in Berstadt als auch bis vor wenigen Jahren in Wölfersheim. Dass es früher auch mal im Ortskern von Berstadt einen Metzger, einen kleinen Edeka und Bäcker gab, nur zur Vollständigkeit. Das Fachmarktzentrum will also nur eine Lücke ausfüllen, die aus verschiedensten Gründen im letzten Jahrzehnt entstanden ist. Alles kein Grund zur Aufregung für die Nachbarn.

Was mich aber im meisten ärgert, ist die Dreistigkeit, mit der die Hungener „Regierung“ ihre Nachbarn klein halten will. Wir gehören nicht zu Hungen, wir sind nicht mal im selben Landkreis, was soll das Ganze also?

Aber wenn schon Mittelalter, warum dann nicht gleich richtig? Ich schlage vor (Achtung Sarkasmus!), dass wir am Berstädter Kreuz einen Schlagbaum errrichten und saftige Zölle für alle Hungener Rewe-Laster erheben. Damit werden wir wenigstens schnell reich, und richten dann einen für unsere Bürger kostenlosen Pendelbusverkehr zum nächsten Drogeriemarkt etc. ein.

Sie werden verstehen, dass wir nicht nach Hungen fahren werden! Meine Familie hat sich jedenfalls schonmal entschieden, ab sofort keinerlei Käufe mehr in Hungener Geschäften zu tätigen. Vielleicht mag sich uns ja der eine oder die andere Wölfersheimer Bürger/in anschließen? Ich bitte die Hungener Geschäftsinhaber hiermit ausdrücklich um Entschuldigung für etwaige Einkommensverluste. Vielleicht können Sie ja Ihren Magistrat zur Vernunft bringen!

06.01.2015

Staatliche Hacker machen das Internet unsicher

Gelegentlich berichtet die Wetterauer Zeitung doch tatsächlich noch über Abhören und Hacken. Die Tendenz ist uneinheitlich, in manchen Glossen wird das Abhören kritisiert, generell klingt es für mich nach "kann man eh nix dran ändern" und "es geht um Terrorismus" bis hin zu "denkt doch an die Kinder". Letzte Woche war mal wieder eine etwas verwirrte Veröffentlichung, auf die ich einen Leserbrief schrieb:

Leserbrief zur Glosse Hr. Gillies, 23.12.2014

Herr Gillies schreibt über die "Hacker", die Webseiten und andere öffentlich erreichbare Dienste im Internet angreifen.
Zu diesen Diensten gehören leider seit langem auch Einrichtungen der Infrastruktur wie Kraftwerke, Industrieanlagen usw.
Gerade bei solchen Einrichtungen ist es sträfliche Dummheit, sie schlecht gesichert im Internet öffentlich erreichbar zu machen.

Und auch "normale" Webseiten werden gern angegriffen. Bei *diesem* Hacken geht es meistens um Erpressung ("ich lege Deine Seite lahm, und Du machst kein Geschäft mehr") oder um das verdeckte Einschleusen von Infektionsprogrammen, die dann beim Empfänger Viren und Trojaner installieren. Eine andere Form von Hacken versucht gezielt, interessante Opfer auszumachen ("spear fishing") und dann von *innen* Spionage zu betreiben. Dazu zählen auch bösartig veränderte USB-Sticks ("Bad USB", z.b. in c't 18/2014, S. 44).

Es wäre aber ein Fehler, allein auf die "bösen Hacker" zu schimpfen.

Was meiner Meinung nach viel stärker dazu beiträgt, dass das Internet unsicher ist, sind die diversen Geheimdienste, die Verschlüsselungsalgorithmen unterwandern und durch gezielte Manipulationen Standards verschlechtern, um sich selbst das "Hacken" zu erleichtern.

Genauso trägt dazu bei, dass die Geheimdienste, u.a. auch der BND, angekündigt haben, von "Hackerfirmen" wie Vupen bislang unveröffentlichte Sicherheitslücken zu kaufen, um einen Informationsvorsprung beim eigenen Hacken zu erlangen. Sicherheitslücken müssen so schnell wie möglich an den Hersteller der Software gemeldet werden und dürfen nicht zur Handelsware werden.

Diese Verhaltensweise ist genau das Gegenteil von verantwortungsvollem Handeln zur Sicherheit aller im Netz. Wenn der Geheimdienst eine Sicherheitslücke kennt, heißt das nämlich auch, dass Bösewichte diese Lücken genauso kaufen oder sogar selbst herausfinden können. Schließlich ist der Verkauf durch solche gewissenlosen Firmen nicht exklusiv. Wer Geld hat - und das haben Geheimdienste!, der hat einen Wissensvorsprung.

Abgesehen davon: wer glaubt denn ernsthaft, dass ausländische Geheimdienste wirklich zu den "Guten" gehören? Wer an der Quelle der Informationen sitzt (wie z.B. am Frankfurter Internetknoten DE-CIX), wird schwerlich zum Nachteil der eigenen Industrie Geheimnisse für sich behalten, sondern sie auf dem kurzen Dienstweg in die Heimat weitermelden. Das Abhören des Kanzlerhandys, das Ausspähen der Klimakonferenz in Kopenhagen, und sogar das Ausspähen der PCs von Mitgliedern des amerikanischen CIA-Untersuchungsausschusses sprechen Bände.