15.04.2024

Brauchen wir Stromimporte aus dem Ausland? - Leserbrief

[veröffentlicht am 13.04.2024]

Fr. K. wiederholt in ihrem Leserbrief die Märchen, die seit der endgültigen Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke immer wieder aufgewärmt werden: aufgrund der Abschaltung müssten wir “teuer” Atomstrom aus Frankreich importieren, und dass es ein Fehler der Merkelregierung war, 2011 endgültig den Ausstieg zu beschließen. Mit einer Andeutung von Humor bezweifelt sie die Gefahr von Tsunamis in Deutschland, um damit die Abschaltung ins Lächerliche zu ziehen.

Dieses Märchen wird durch Wiederholung nicht wahrer. Wir importieren ein ganz kleines bisschen unseres Strombedarfs, derzeit um die 2 %, und davon stammt das wenigste aus Frankreich (unser Nachbar steht regelmäßig erst an vierter Stelle der Stromimporte nach Deutschland). Im Gegensatz dazu importieren wir nahezu 100 % unseres sonstigen Bedarfs an Energieträgern wie Gas und Erdöl, und ich wüsste auch nicht, dass wir in Deutschland Uran abbauen, um damit die herbeigeträumten neuen Kernkraftwerke zu betreiben. Die größten Lieferanten von Uran sind Russland und Nigeria, und einer der größten Hersteller von Brennstäben ist ebenfalls Russland. Offensichtlich wollen wir keine neue Abhängigkeit von Russland schaffen, nachdem wir uns bei Gaslieferungen gerade noch rechtzeitig lösen konnten. Je nach Tageszeit produzieren wir sogar mehr als 100% unseres Strombedarfs aus Erneuerbaren, die Kohleverstromung ist so niedrig wie seit 1965 nicht mehr.

Fr. K. scheint nicht bewusst zu sein, dass wir ein europäisches Stromverbundnetz und eine Strompreisbörse haben, so dass es sinnvoll ist, Strom dort einzukaufen, wo er billig produziert werden kann. Das heißt umgekehrt natürlich auch, dass wir nicht selbst teuren Strom produzieren müssen, wenn er am Markt billiger erhältlich ist. Das ist derzeit hauptsächlich Strom aus Erneuerbaren Energien wie Wind und Solar, aber natürlich auch z.B. Wasserkraft aus den nordischen EU-Ländern. Gerade durch die Erneuerbaren ist Strom an der Börse so billig wie nie: der Preis sinkt zeitweise unter 5 ct/kWh. Im Durchschnitt war Deutschland 2023 ein Stromexporteur, und insbesondere im Sommer, als in Frankreich 30 von 56 Kernkraftwerken wegen Wassermangel (und Sicherheitsmängeln, aber das ist ein anderes Thema) abgeschaltet werden mussten, hat Deutschland massiv Strom nach Frankreich exportiert.

Die Realität: Deutschland könnte problemlos bei der Stromerzeugung auch ohne Kernkraft autark sein. Wir haben eine Kraftwerkskapazität von ca. 260 GW, selbst ohne Wind und Solar noch 130 GW. Das jemals benötigte Maximum waren 81 GW. Aber warum teure Gaskraftwerke anwerfen, wenn es billiger geht?

Außerdem bestreitet sie, dass die Merkelregierungen für Stillstand verantwortlich seien. “Kleines” Gegenbeispiel: 2010 hatte die Bahn einen Investitionsrückstand von ca. 10 Mrd. Euro, letztes Jahr wurde dieser Bedarf auf 88 Mrd. Euro beziffert, und mal ganz ehrlich: das merkt man deutlich bei jeder Bahnfahrt (oder allein bei dem Versuch, eine solche zu buchen und anzutreten). In einem einzelnen, ganz besonderen Punkt gebe ich ihr aber Recht: Söder lobte den damaligen CSU-Verkehrsminister Scheuer dafür, wieviel Fördermittel er nach Bayern leiten konnte.

Sie behauptet auch, das Bruttoinlandsprodukt würde sinken. Dem stelle ich die Zahlen der letzten Jahre gegenüber (Quelle: Stat. Bundesamt). Der einzige (!) Knick ist 2020 wegen Corona.

2015: 3,02, 2016: 3,13, 2017: 3,26, 2018: 3,36, 2019: 3,47, 2020: 3,40, 2021: 3,61, 2022: 3,87, 2023: 4,12 (alle Zahlen in Billionen Euro). Ich sehe hier unglaubliche Einbrüche von Jahr zu Jahr. Die Deindustrialisierungspolitik der Grünen würgt die deutsche Wirtschaft ab, wie man deutlich sieht. Aktuell sinkt das BIP tatsächlich im Promillebereich, man sieht aber auch Erholungstendenzen. Der DAX ist über 18.400 gestiegen, auch ein deutliches Zeichen für die katastrophale Wirtschaftspolitik von Habeck. Eine Rekordzahl von 46 Mio. Beschäftigten ist in Lohn und Brot, und die saisonale Winterarbeitslosigkeit war eine der niedrigsten der letzten Jahre.

09.04.2024

HVO als Dieselersatz - Leserbrief

[veröffentlicht am 09.04.2024]

Wenn man sonst nix zu sagen hat, wird das Thema “flüssige Ersatztreibstoffe” aus der Mottenkiste geholt. Vor längerem waren es Leserbriefe über e-Fuels aus Kohlendioxid (CO2) und Wasserstoff (H2), nun ist es die FDP, die wie immer das Banner der “Technologieoffenheit” vor sich her trägt und über eine der wenigen Tankstellen in der Wetterau jubelt, die künstlich hergestellten Diesel-Ersatz verkauft (HVO, hydro-treated vegetable oil).

Dieser Ersatztreibstoff gehört zu den zahlreichen Varianten von künstlichem Diesel, der aus Abfallfett hergestellt wird. Andere Varianten verwenden Erdgas, Kohle oder sonstige kohlenstoffhaltige Grundstoffe.

Die Energiebilanz allein bei der Herstellung von HVO reicht von “naja” (2 kWh pro Liter) über “schlimm” (10 kWh pro Liter) bis “katastrophal” (16 kWh pro Liter), je nach verwendeten Ausgangsstoffen, und über die Größenordnung der Herstellung (also die lieferbare Menge in den Handel) decken wir auch lieber den Mantel des Schweigens. Zum Vergleich: ein Liter “klassischer” Diesel aus Erdöl erfordert einen Aufwand von ca. 4 kWh pro Liter.

Aber damit ist die Betrachtung der Energiebilanz noch nicht zu Ende gedacht: für die Herstellung von HVO wird nämlich Wasserstoff benötigt und es fällt Propan als “Abfall” an. Nunja, mag man meinen, Propan ist ja nicht schlimm: kann man zum Heizen verbrennen oder industriell verwerten. Aber auch das feuert natürlich wieder die Klimakatastrophe an.

Der benötigte Wasserstoff müsste “grün” sein, also aus erneuerbaren Energien hergestellt werden. Alle anderen Varianten von Wasserstoff (blau, grau, türkis) haben eine katastrophale Umwelt- und Energiebilanz (bis zu 55 kWh Strom und 10 Liter Wasser pro kg Wasserstoff). Pro Liter HVO wird (je nach Zusammensetzung) geschätzt, dass etwa 40 Liter Wasserstoff benötigt werden. Das Verfahren erfordert außerdem einen teuren Katalysator, üblicherweise Platin, Palladium oder Nickel, der auch zu anderen industriellen Zwecken benötigt wird.

Des weiteren gibt es bei der Verwertung von Fettabfällen ein gravierendes Konkurrenz- und auch Skalierungsproblem: bislang wurde ein Großteil dieser Abfälle, in Deutschland ca. 1,9 Mio. t pro Jahr, bei hohen Temperaturen in Kraftwerken verbrannt und hat dort einen Wirkungsgrad von über 40 %. Ein Dieselmotor im Auto hat im Bestfall nur einen Wirkungsgrad von knapp 30 %. Wenn nun HVO als Dieselersatz verwendet wird, ist für Kraftwerke eine Alternative nötig. Allein unter diesem Aspekt erscheint es nicht sinnvoll, die Ausgangsstoffe für die energieintensive Herstellung eines Treibstoffs mit schlechterem Wirkungsgrad zu verwenden. An der Uni Graz stellt eine Masterarbeit fest, dass der Ertrag an HVO ungefähr 80 % des eingesetzten Rohstoffs beträgt, der Rest entweicht als kurzkettige Alkane oder Wasser. Und: es gibt gar nicht genügend Abfallfett für den deutschen Bedarf von 35 Mio. Liter Diesel pro Jahr.

Ein weiteres Problem ist die Verwendung von derzeit 10-20 % Palmöl als Ausgangsstoff. Wenn die Nachfrage nach HVO steigt, ist zu befürchten, dass noch mehr Regenwald abgeholzt wird, um Ölpalmen anzubauen, die dann noch zur Verarbeitung transportiert werden müssen. Die Fläche dafür fällt dann auch für den Anbau von Lebensmitteln weg. Fettabfälle müssen außerdem gereinigt werden, und die Schadstoffe können je nach vorherigem Einsatzzweck giftig oder krebserregend sein.

Ein kleiner Vorteil für Oldtimerfans: HVO enthält wenig Sauerstoff, deshalb vergammelt es im Tank nicht (wichtig für Autos, die lange still stehen). HVO-Verbrennung hat einen etwas geringeren CO2-Ausstoß als Diesel aus Erdöl: doch immerhin gigantische 2 % weniger. Und noch ein Trost: wenn das Abfallfett pflanzlich war, fährt das Auto dann immerhin vegan.

Fazit: die FDP jubelt hier ein Thema hoch, das nicht dazu beiträgt, die Klimakatastrophe zu verhindern. Leider hat sie vor dem Jubeln vergessen, die Fakten zu prüfen. Es ist zwar technisch machbar, aber wirtschaftlich und ökologisch sinnlos, wenn man die gesamte Herstellungs- und Lieferkette betrachtet. Die FDP zeigt damit erneut, dass sie in der Vergangenheit bleiben will.

26.03.2024

Corona-Aufarbeitung als Geschichtsrevisionismus - Leserbrief

Ein Glossist der WZ sammelt alle Vokabeln der Querdenker zu Corona in einem kurzen Aufsatz und will damit die Corona-Maßnahmen "aufarbeiten". Die Kritik an der WZ und ihren Glossisten wurde wohlweislich gekürzt (unten so markiert).

[veröffentlicht am 26.03.2024]

Was soll denn dieses aufgewärmte Corona-Leugnen heutzutage in der Glosse von Hr. Schäfer? Das ist Querdenker-Vokabular, das er hier bringt. Er fordert eine “Aufarbeitung” der Corona-Maßnahmen während der Pandemie und bejubelt Streeck, der durch vollkommen falsche Behauptungen, aber dafür große Medienpräsenz, aufgefallen ist. Es war jederzeit sicherer, das Gegenteil von dem zu tun, was Streeck gefordert hat. Die Untersuchung in Heilsberg am Beginn der Pandemie war eine unwissenschaftliche Medieninszenierung mit vorbestimmtem Narrativ.

Schäfer zitiert Spahn mit dem Bonmot “Wir werden viel zu verzeihen haben”. Derselbe Spahn, der wie viele andere Politiker durch Masken-Deals und Provisionen in Erinnerung bleiben wird, und nur durch Formfehler und fehlende oder lückenhafte Gesetze gegen Vorteilsnahme und Bestechung entgingen Politiker wie Nüsslein, Sauter, Tandler einer Strafe oder erhielten eher milde Urteile. Eigentlich habe ich wenig Veranlassung, solche finanziellen Winkelzüge zu verzeihen. Hier floss Steuergeld in Taschen, wo es nicht hingehört hat. Genauso auf EU-Ebene: durch schlechte Verträge schuldet die EU den Impfstoffherstellern 35 Mrd. Euro (!) Entschädigungszahlungen für bestellte, aber nicht abgenommene Impfdosen.

Unvergessen auch der eine oder andere AfD-Politiker, der öffentlich gegen Corona-Maßnahmen demonstriert hat, aber trotzdem gern Hunderttausende Euro Zuschüsse für seine Testzentren kassiert hat.

In der Epidemiologie (Seuchenlehre), gerade bei neuen Erregern mit unbekannten Eigenschaften, gilt die Regel “schnell und hart handeln” und gerade nicht zaudern und zögern. Von daher sollte die Aufarbeitung der Corona-Pandemie darin bestehen, über die zu frühe Aufhebung von Maßnahmen zu diskutieren, oder über die Rolle der Medien, die sehr gern das Märchen aufgenommen hat, Kinder und Jugendliche könnten sich nicht anstecken, würden das Virus nicht verbreiten, wären bei einer Erkrankung nicht so schlimm betroffen usw. usf.

Unvergessen auch die mediale Kampagne der Springerpresse gegen Prof. Drosten oder die isolierten Einzelmeinungen bestimmter Forscher, die Luftreinigungsgeräte für ineffizient hielten, aber überproportional Aufmerksamkeit erhielten. Trotz reichlich vorhandener Fördergelder auf Landes- und Bundesebene wurden deshalb mit fadenscheinigen Ausreden Tausende Klassenräume nicht mit Geräten zur Prävention ausgestattet.

Heute weiß man retrospektiv, dass statistisch ungefähr 70 % aller Ansteckungen ihren Ausgangspunkt in Kindergärten und Schulen hatten und sich von dort in die Familien und Arbeitsstätten ausgebreitet haben. Die Corona-Wellen haben sich während Schulferien und durch die jeweiligen Schulschließungen immer deutlich abgeschwächt.

Hr. Schäfer sollte auch nicht weiter über Impfschäden jammern: weltweit wurden nur wenige Tausend Impfschäden bestätigt, bei mehr als 13 Milliarden Impfungen. Das ist minimal weniger als die entsprechende Quote bei der Masern-Impfung. Wenig überraschend war mehr als die Hälfte aller weltweit gemeldeten Anträge auf Anerkennung von Impfschäden hingegen in Deutschland verortet, insbesondere in Ostdeutschland, wo die Impfrate erschreckend gering war und ist und verdächtig mit dem Anteil der AfD-Wählerschaft korreliert. Ist das nicht ironisch? Die geringste Impfquote korreliert mit der höchsten (behaupteten) Anzahl an Impfschäden. Insgesamt wurde in Deutschland eine geringe dreistellige Anzahl an Impfschäden anerkannt, bei knapp 200 Mio. Impfungen insgesamt.

Einschub: um den Unterschied zwischen Millionen und Milliarden etwas greifbarer zu machen: eine Million Sekunden sind 11 Tage, eine Milliarde Sekunden sind 31 Jahre.

Natürlich sind Impfschäden plausibel, das streitet auch niemand ab. Trotzdem ist die Impfung sicher und schützt. Nebenbei: die Aufnahme in eine Kita oder Schule ist in Deutschland an den Nachweis einer Masernimpfung geknüpft und mittlerweile mehrfach höchstrichterlich bestätigt.

Wie bereits oben erwähnt, finde ich die Rolle der Medien derzeit auf einem erschreckenden Niveau. Dies ist nicht nur beim Thema Corona, sondern generell bei politischen Themen ein Problem. Die Glossen der WZ sind hier stellvertretend genannt: die Anzahl an Halb- und Viertelwahrheiten, die anscheinend ohne große Recherche und Faktenprüfungen abgedruckt werden, lässt mich immer wieder kopfschüttelnd zurück. Man lässt Glossisten über Themen schreiben, bei denen die grundlegendste Recherche fehlt.

18.03.2024

Damsel - Ritter, Drachen und das ganze in originell

Nach all den Leserbriefen mal wieder eine Filmkritik :-)

Vor ein paar Tagen habe ich den neu erschienenen Film "Damsel" bei Netflix geschaut.

Fazit: solide Unterhaltung, guter Twist am Ende, der der Geschichte nochmal eine originelle Wendung gibt.

Kleiner Spoiler: der Film könnte auch als Prequel zu "House of the Dragon" durchgehen, dem Prequel von "Game of Thrones".

Die CGI ließ teilweise etwas zu wünschen übrig, der Drachenkörper war mehr so verhungerte Katze, aber Kopf und Gesicht waren gut gemacht, auch die Mimik war sehr schön.

Die Zeichnung mit dem Ausweg, den die Prinzessin tief unten in den Höhlen fand, war verwirrend - die Wandmalerei konnte ja erst gezeichnet werden, nachdem jemand *zurück* kommt, um die Karte zu vervollständigen.

Eine offene Frage (von Logikfehler will ich nicht reden): offensichtlich muss es ja für die 3 Dracheneier auch einen Papa gegeben haben. Ich frage mich, was aus ihm geworden ist.

Falls das nicht nötig wäre - es gibt ja auch bei manchen Tier- und Pflanzenarten Fortpflanzungsmethoden, bei denen kein zweiter Partner nötig ist - verstehe ich nicht, warum die Drachin "last of its kind" sein soll.

14.03.2024

Die Bundeswehr wurde abgehört - Leserbrief

Die Abhöraffäre der Bundeswehr über den Einsatz von Taurus-Marschflugkörpern erregt gar nicht so viel Aufmerksamkeit, wie sie eigentlich verdient hätte. Zur Glosse in der WZ schrieb ich ein paar Anmerkungen zur Verwendung proprietärer Software, die man nicht unter eigener Kontrolle hat.

[veröffentlicht am 14.03.2024]

Fr. Warnecke spricht einen wichtigen Punkt an: die digitale Souveränität, insbesondere das staatliche Handeln in Krisenfällen, ist in Gefahr, wenn wir Software verwenden, deren Quellen und Betrieb nicht der eigenen Kontrolle unterliegen.

Das ist der Fall bei allen ausländischen Diensten nicht nur für Videokonferenzen wie Zoom, WebEx, Teams, BlueJeans etc. Diese Dienste werden auf Servern betrieben, auf die Deutschland keinen Einfluss hat, und die Quelltexte der zugrundeliegenden Software sind nicht einsehbar.

Es ist also nicht nur so, dass bei Verwendung dieser Dienste die Gefahr von z.B. russischen Hackern besteht, sondern natürlich auch das gewollte Abhören durch “befreundete” Dienste. Dass der deutsche Staat und seine Organe abgehört werden, wissen wir seit Assange und Snowden, und die milde Empörung von Merkel (“Abhören unter Freunden geht gar nicht”) war ungefähr die zahmste und zahnloseste Reaktion, die man sich vorstellen kann.

Die Alternative besteht darin, Software zu verwenden, deren Abläufe man selbst prüfen kann (“Open Source Software”, OSS) und die man selbst betreibt. Der Wetteraukreis ist hier bei der regionalen Lösung für Schulen, die bis 2022 verwendet wurde, eine der wenigen positiven Ausnahmen gewesen: das damalige “wtkedu” hat eine Videokonferenzlösung aus und in Deutschland verwendet. Auch das staatliche Schulamt für den Wetteraukreis verwendet mit “Big Blue Button” eine OSS-Lösung, die in Deutschland betrieben wird. So geht verantwortungsvolles Handeln. Schulen sind natürlich nicht das primäre Ziel von ausländischen Abhöraktivitäten, aber das befolgte Prinzip ist vernünftig. Es gibt auch staatliche Institutionen, die auf Open Source setzen und entsprechende Dienstleistungen anbieten. Der Heise Newsticker hat hier schon vor Jahren über das “Projekt Phoenix” bei Dataport berichtet.

Auch bei PC-Arbeitsplätzen wäre es mittlerweile sinnvoll, sich von Microsoft Windows abzuwenden: der unkontrollierte und nicht abschaltbare Datenabfluss in Windows 10 und 11 ist genauso ärgerlich wie die zunehmende Überfrachtung mit Werbung und Zwangsmaßnahmen wie die Online-Benutzeranmeldung bei Microsoft. Linux ist seit Jahren eine ernst zu nehmende Alternative, und es gibt Varianten, die den Umstieg von Windows durch die Ähnlichkeit der Bedienung enorm erleichtern. “Linux Mint” z.B. sieht nahezu genauso aus wie Windows. Das hätte nebenbei auch den Vorteil, dass man sich vom höllischen Dreigestirn Active Directory, Exchange und Outlook lösen könnte, die für die meisten der aktuellen Sicherheitsprobleme und Erpressungsvorfälle bei Krankenhäusern, Ämtern, Behörden und Firmen verantwortlich sind.

Inwieweit die aktuelle Abhöraffäre der Bundeswehr eine tatsächliche Gefahr darstellt oder ein geplantes Täuschungsmanöver war, wird vermutlich im Dunkeln bleiben. Es ist offensichtlich, dass eine ungeschützte Telefoneinwahl eines Teilnehmers in Singapur ein offenes Scheunentor für das Abhören darstellt. Die veröffentlichten Gesprächsinhalte lassen aber vermuten, dass schon vor der Telefoneinwahl abgehört wurde. Wenn man Verschwörungstheorien mag, könnte das alles Absicht gewesen sein. Dies kann man natürlich ad infinitum weiter spinnen (“die wissen, dass wir wissen, dass sie wissen ...” usw.).